Die neue „Wehrhaftigkeit“, wie sie unsere Politik vertritt, steht im krassen Widerspruch zur Aufarbeitung des grauenhaften Zweiten Weltkriegs – besonders im Bezug auf Russland. Wir stellen zwei Artikel, die diesen Konflikt vertreten, gegeneinander.
Quelle1: Manova – „Der Vernichtungskrieg“ – Link
Quelle2: NDR – „Umfrage: Mehrheit für Wehrpflicht und höhere Verteidigungsausgaben“ – Link
Der zentrale Widerspruch liegt in der Spannung zwischen einerseits der aktuellen und in Teilen der deutschen Bevölkerung wachsenden Bereitschaft zur militärischen Stärkung und Aufrüstung Deutschlands und andererseits der im zweiten Text geäußerten scharfen Kritik an einem mangelnden „historischen Gewissen“ der deutschen Elite und Medien im Umgang mit Russland angesichts des von Deutschland im Zweiten Weltkrieg gegen die Sowjetunion geführten beispiellosen Vernichtungskriegs.
Dieser Widerspruch entsteht, weil die Forderung nach militärischer Stärke und einer „Position der Stärke“ (wie im Manova-Artikel kritisiert) im direkten Gegensatz zu den Lehren aus einer Geschichte steht, in der Deutschland den Völkern der Sowjetunion unermessliches Leid und Zerstörung durch rücksichtslose militärische Gewalt zufügte. Die historische Last des Vernichtungskriegs, so die Argumentation des Manova-Artikels, sollte eigentlich zu Mäßigung und tiefer Besinnung auf die eigene Verantwortung mahnen, während die aktuellen Tendenzen auf das Gegenteil abzuzielen scheinen.
Die eine Perspektive: Ruf nach stärkerer Verteidigung
Der erste Text, ein Auszug aus einem NDR-Artikel über eine Umfrage, zeigt eine deutliche Bewegung hin zu einer stärkeren militärischen Ausrichtung in Deutschland. Eine überwältigende Mehrheit von 70 Prozent der Befragten befürwortet die Wiedereinführung der Wehrpflicht, wobei die meisten einen Dienst für beide Geschlechter wünschen. Nur jüngere Befragte zeigen sich hier skeptischer. Neben der Wehrpflicht wird auch von einem Großteil der Befragten eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben gefordert. Die Finanzierung dieser Ausgaben wird diskutiert, wobei eine Änderung der Schuldenbremse breite Zustimmung findet. Konkrete Maßnahmen wie die Wiederinbetriebnahme geschlossener Kasernen und die Stationierung von Patriot-Raketen-Abwehrsystemen im Norden stoßen ebenfalls auf hohe Akzeptanz. Auch die Zustimmung zu eigenen Atomwaffen hat zugenommen, wenngleich auf niedrigem Niveau, während die Idee, sich unter den französischen Atomschirm zu stellen, viel Anklang findet. Die Meinungen reichen von dem Wunsch nach mehr Sicherheit bis hin zur Befürwortung atomarer Abschreckung als wirksameres Mittel.
Die andere Perspektive: Mahnung zum historischen Gewissen und Kritik am Vernichtungskrieg
Der zweite Text, ein kritischer Beitrag aus dem Manova-Magazin, konzentriert sich auf die historische Schuld Deutschlands gegenüber der Sowjetunion. Der Autor Stefan Korinth kritisiert die deutsche Bundesregierung und die Medien dafür, „gegen Russland [zu] trommeln“ und dabei ein eklatantes mangelndes „historisches Gewissen“ zu zeigen. Er ruft den Vernichtungskrieg von Wehrmacht und SS gegen die Sowjetunion ins Gedächtnis, den er als „brutalsten und ungeheuerlichsten Feldzug der Geschichte“ bezeichnet.
Der Autor führt zahlreiche schockierende Beispiele für die deutsche Grausamkeit an:
- Der Massenmord an sowjetischen Kriegsgefangenen: 2,5 Millionen von 5,7 Millionen Gefangenen starben in deutscher Gefangenschaft, eine gezielte „Vernichtungspolitik“, nicht eine Folge von Zwangslagen.
- Die deutsche Hungerpolitik gegen die russische Zivilbevölkerung: Nahrungsmittel wurden geplündert mit dem Ziel, Millionen verhungern zu lassen, was etwa bei der Blockade Leningrads über eine Million Tote forderte.
- Der brutale Anti-Partisanen-Kampf: Unter diesem Vorwand wurden massenhaft Zivilisten, Frauen und Kinder ermordet und Dörfer niedergebrannt, um „menschenleere Gebiete“ zu schaffen.
- Die tödliche Ausbeutung von Zwangsarbeitern: Millionen „Ostarbeiter“ starben durch Unterversorgung, Überlastung und Misshandlung in Deutschland.
Der Autor bemängelt, dass diese historischen Fakten und Lehren in Deutschland kaum präsent seien. Er stellt die Stationierung deutscher Truppen in Litauen in einen scharfen Gegensatz zu dieser Geschichte und fragt provokativ, ob „es Stalingrad nie gegeben hätte“. Die Kritik richtet sich gegen eine als aggressiv und geschichtsvergessen empfundene Haltung der deutschen Politik, die eine „Position der Stärke“ gegenüber Russland einnehme, ohne die historische Verantwortung für das im Vernichtungskrieg verursachte Leid zu würdigen.
Der tiefere Widerspruch ist somit die scheinbare Diskrepanz zwischen der Forderung nach Aufrüstung und Härte (repräsentiert in der Umfrage und kritisiert im Manova-Artikel) und der historischen Lehre aus einem Krieg, der durch deutsche Aggression und beispiellose Brutalität gekennzeichnet war. Der Manova-Artikel argumentiert, dass das Ausmaß der deutschen Verbrechen eine Verpflichtung zur Zurückhaltung und Deeskalation begründen sollte, die durch die aktuellen Tendenzen zur militärischen Stärkung konterkariert wird.
Quelle1: Manova – „Der Vernichtungskrieg“ – Link
Quelle2: NDR – „Umfrage: Mehrheit für Wehrpflicht und höhere Verteidigungsausgaben“ – Link
Es ist keine Frage mehr: Die „neue Wehrhaftigkeit“ wird uns aufgezwungen. Vernünftige Stimmen sollen zum Verstummen gebracht werden. Egal, ob die NDR-Umfrage echt ist oder nicht – sie gibt eine Richtung vor. Und diese Richtung bedeutet Krieg.
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