Warum wir den Umbau unseres Geldsystems zu einer Kontrollwährung stoppen müssen – bevor es zu spät ist.
Ein Buch von Songül Schlürscheid und Markus Bönig
Für Eilige geht es hier zum Hörbuch „Digitaler Euro – das Ende der Freiheit?“ von Songül Schlürscheid und Markus Bönig. Wer sich zunächst einen schnellen Überblick verschaffen will, dem sei der „Freiheitskanzlei Podcast“ zum Thema empfohlen.
Einleitung
Die Menschheit befindet sich mitten in einem historischen Wandel: Die digitale Transformation durchdringt alle Bereiche unseres Lebens wie Kommunikation, Mobilität, Arbeit, Bildung, Konsum und zunehmend auch das Geldsystem. Was einst als neutraler Vermittler ökonomischer Aktivität galt – das Geld –, entwickelt sich unter dem Deckmantel der Innovation zu einem der mächtigsten Werkzeuge politischer, gesellschaftlicher und individueller Steuerung. Der digitale Euro steht sinnbildlich für diesen Wandel.
Die Europäische Zentralbank (EZB) propagiert digitales Zentralbankgeld (englisch: Central Bank Digital Currency, CBDC) als modernes Zahlungsmittel, das den Euro in eine neue Zeit überführen soll. Versprochen werden Sicherheit, Effizienz, europäische Souveränität und technologische Zukunftsfähigkeit. Doch was auf den ersten Blick wie ein konsequenter Schritt ins 21. Jahrhundert erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als technokratisches Großprojekt mit weitreichenden gesellschaftlichen, politischen und ethischen Implikationen.
Es geht hier nicht um eine neue Bezahlform, etwa nur eine neue App. Es geht vielmehr um die Neuverteilung von Macht – über Daten, über Verhalten, über Werte. Der digitale Euro verändert die Rolle der Zentralbank, die Struktur des Finanzsystems, das Verhältnis zwischen Bürger und Staat und letztlich die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Jeder Bezahlvorgang könnte in Zukunft Teil eines umfassenden Datenstroms werden, der analysiert, bewertet und im Zweifel gesteuert wird.
Dieses Buch ist ein kritischer Weckruf. Es analysiert die offiziellen Ausschreibungen der EZB im Jahr 2024, die bereits konkrete technische Grundlagen für ein kontrolliertes Zahlungssystem geschaffen haben. Es zeigt, wie scheinbar harmlose Module – etwa zur Nutzerverifikation, Datenweitergabe oder Offline-Zahlung – in der Summe eine Architektur errichten, die in totalitären Systemen zur Norm gehört.
Die Fragen, die wir uns stellen müssen, sind grundsätzlicher Natur: Wollen wir, dass unser Geld digital und damit überwachbar wird? Sind wir bereit, unsere finanzielle Privatsphäre aufzugeben? Ist es hinnehmbar, dass eine von uns Bürgern nicht gewählte Institution über den Zugang zu einem Zahlungsmittel bestimmt, das künftig alternativlos sein könnte? Wollen wir die Verfügungsmöglichkeiten über unser eigenes Geld wirklich aufgeben und uns den Einschränkungen hingeben?
Die Corona-Pandemie, Energiekrisen, geopolitische Spannungen und ökologische Transformationen haben gezeigt, wie schnell sich politische Rahmenbedingungen ändern können – und wie leicht Ausnahmeregelungen zur neuen Normalität werden. Vor diesem Hintergrund ist es besonders gefährlich, technische Systeme zu schaffen, deren Machtpotenzial in stabilen Zeiten harmlos erscheint, aber in Krisenzeiten zur Bedrohung wird.
Wir stehen an einer Schwelle. Der digitale Euro ist keine Zukunftsmusik mehr – er wird bald real. Noch ist es möglich, Einfluss zu nehmen. Noch kann verhindert werden, dass ein neues Geldsystem zum trojanischen Pferd einer digitalen Kontrolle mutiert. Doch dafür braucht es Aufklärung, Widerstand und Alternativen.
Dieses Buch gliedert sich in drei Hauptteile:
- Im ersten Teil analysieren wir die Pläne der EZB und werfen einen kritischen Blick auf die offiziellen Ausschreibungen, ihre Inhalte, Hintergründe und Ziele.
- Im zweiten Teil beleuchten wir die weitreichenden Folgen für Freiheit, Privatsphäre, wirtschaftliche Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
- Im dritten Teil stellen wir Wege vor, wie Bürgerinnen und Bürger, Zivilgesellschaft und Institutionen den Umbau des Geldsystems aktiv mitgestalten oder verhindern können – durch juristische Mittel, demokratische Prozesse und digitale Alternativen.
Denn eines ist sicher: Wenn wir die Kontrolle über unser Geld verlieren, verlieren wir auch einen entscheidenden Teil unserer Freiheit. Dieses Buch soll dazu beitragen, genau das zu verhindern.
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Hörbuch – Digitaler Euro – das Ende der Freiheit?
Freiheitskanzlei-Podcast zum Thema:
FAQ zum Buch
Was ist der Digitale Euro (CBDC) nach Ansicht der Autoren und wie unterscheidet er sich von bestehendem Geld?
Der Digitale Euro (CBDC) wird von den Autoren nicht nur als elektronische Währung betrachtet, sondern als ein neues, tiefgreifendes geldpolitisches Instrument. Er soll digitales Zentralbankgeld sein, das Bürger direkt von der EZB erhalten, vergleichbar mit Bargeld, aber ohne den Umweg über Geschäftsbanken wie beim Giralgeld. Während Giralgeld bei Bankpleiten gefährdet sein kann, verspricht der Digitale Euro Stabilität durch staatliche Garantie. Die Autoren betonen, dass es sich um eine „Kontrollwährung“ handelt, die darauf abzielt, Macht über Daten, Verhalten und Werte neu zu verteilen. Im Gegensatz zu dezentralen und potenziell anonymen Kryptowährungen wie Bitcoin, wird der Digitale Euro als zentral kontrolliert, vollständig rückverfolgbar und potenziell programmierbar beschrieben.
Welche Hauptbedenken äußern die Autoren hinsichtlich der technischen Architektur und der Ausschreibungen der EZB für den Digitalen Euro?
Die Autoren analysieren die Ausschreibungen der EZB aus dem Jahr 2024 und sehen darin den Aufbau einer umfassenden digitalen Infrastruktur, die nicht nur Zahlungen ermöglicht, sondern diese auch überwacht, analysiert und steuerbar macht. Sie kritisieren spezifische Module wie die „Digital Euro App“ mit zentraler Fernsteuerbarkeit und biometrischer Verifikation sowie das Echtzeit-Risikomanagement, das Transaktionen auf „ungewöhnliches Verhalten“ prüft und auf Basis von KI sanktionieren könnte. Die „Tokenisierung sensibler Daten“, die auf den ersten Blick wie Datenschutz wirkt, wird als Mittel zur zentralen Verknüpfbarkeit von Daten bei Bedarf interpretiert. Insgesamt sehen sie in der technischen Architektur „Hintertüren und Kontrollmöglichkeiten“, die den Digitalen Euro zu einem „Instrument über die Bürger“ machen.
Welche tieferliegenden Gründe sehen die Autoren hinter der Einführung des Digitalen Euro durch die EZB, abseits der offiziellen Begründungen?
Während die EZB offiziell die Relevanz des Euros im digitalen Zeitalter und europäische Souveränität nennt, sehen die Autoren geopolitische, wirtschaftliche und machtpolitische Beweggründe. Der Digitale Euro wird als Europas Antwort auf den digitalen Yuan Chinas und die Dominanz des US-Dollars sowie als Reaktion auf private Kryptowährungen verstanden, die dem staatlichen Zugriff entzogen sind. Sie argumentieren, dass der Digitale Euro es Regierungen ermöglicht, Zahlungen in Krisenzeiten zu steuern und potenziell auch Verhalten zu lenken. Die Bekämpfung von Kriminalität wird als Vorwand gesehen, um eine totale Überwachungsinfrastruktur zu schaffen. Ein weiterer Grund sei ein „technokratischer Impuls“, Probleme technisch und zentralisiert lösen zu wollen.
Inwiefern sehen die Autoren im Digitalen Euro eine Gefahr für die finanzielle Privatsphäre und Anonymität?
Der Digitale Euro wird als das „Ende der Anonymität“ im Zahlungsverkehr bezeichnet. Die Autoren argumentieren, dass jede Zahlung zu einer Datenspur wird, die zentral gespeichert, analysiert und mit digitalen Identitäten verknüpft werden kann. Selbst „Low-Value-Wallets“ mit höherer Anonymität werden als restriktiv und unzureichend beschrieben. Die Möglichkeit, auf staatliche Leistungen angewiesene Personen zur Nutzung personalisierter Wallets zu zwingen, wird als Verlust der finanziellen Privatsphäre und der Würde kritisiert. Sie sehen eine neue „Klassengesellschaft im Geldsystem“ entstehen, in der finanzielle Unabhängigkeit mit Anonymität, staatliche Abhängigkeit jedoch mit vollständiger Transparenz verbunden ist. Dies verändere das Verhalten der Bürger durch „vorauseilenden Gehorsam durch Selbstzensur“.
Welche Risiken sehen die Autoren in der Programmierbarkeit des Digitalen Euro und wie könnte diese zur Verhaltenssteuerung und Sanktionierung genutzt werden?
Obwohl die EZB plant, den Digitalen Euro nicht „programmierbar“ zu machen, argumentieren die Autoren, dass die technische Infrastruktur diese Möglichkeit schafft. Dies könnte bedeuten, dass Zahlungen auf bestimmte Zwecke, Regionen, Händler oder Zeiträume begrenzt werden können. Sie sehen die Gefahr, dass Geld von einem neutralen Zahlungsmittel zu einem „Verhaltenstracker“ wird, der Konformität belohnt und Abweichung sanktioniert. Dies könnte durch algorithmisch gesteuerte Einschränkungen geschehen, ohne dass formelle Strafverfahren notwendig sind. Im Extremfall könnte dies zum „gezielten finanziellen Ausschluss“ politisch unliebsamer Personen oder Gruppen führen, vergleichbar mit dem kanadischen Beispiel des Einfrierens von Konten während der Trucker-Proteste.
Wer profitiert ihrer Meinung nach von der Einführung des Digitalen Euro und wer verliert?
Laut den Autoren gehören die EZB und Regierungen zu den größten Profiteuren, da sie ihre Macht und ihren Einfluss durch die Kontrolle der Zahlungsinfrastruktur erweitern. Auch große Technologieunternehmen, die in die technische Umsetzung involviert sind, und der Datenmarkt, der durch die gesammelten Zahlungsdaten profitiert, werden als Gewinner gesehen. Als Verlierer identifizieren die Autoren den Mittelstand, Bürger und Bargeldnutzer, die ihre finanzielle Freiheit und Privatsphäre verlieren könnten. Regionale Banken und Sparkassen könnten durch die direkte Bindung der Bürger an die EZB an Bedeutung verlieren und zu „Erfüllungsgehilfen“ degradiert werden. Es entstehe ein digitales Ungleichgewicht mit asymmetrischen Machtverhältnissen.
Welche juristischen Angriffspunkte und Handlungsalternativen sehen die Autoren, um sich gegen den Digitalen Euro zur Wehr zu setzen?
Die Autoren sehen mehrere juristische Ansatzpunkte, darunter das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, die Eigentumsgarantie (Artikel 14 GG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie argumentieren, dass die geplante umfassende Datenerhebung und -verarbeitung möglicherweise nicht mit der DSGVO vereinbar ist und die programmierbaren Funktionen einen Eingriff in das Eigentumsrecht darstellen könnten. Die fehlende demokratische Legitimation der EZB wird ebenfalls als Angriffspunkt genannt. Als Handlungsalternativen nennen sie juristische Schritte wie Verfassungsbeschwerden, Beschwerden bei Datenschutzbehörden und Klagen vor europäischen Gerichten. Darüber hinaus betonen sie die Bedeutung von parlamentarischer Kontrolle, Petitionen, Volksbegehren, Bürgerinitiativen und der Aufklärung der Öffentlichkeit sowie von Banken.
Welche konkreten Alternativen zum Digitalen Euro und Strategien zur digitalen Souveränität schlagen die Autoren vor?
Die Autoren diskutieren verschiedene Alternativen. Kryptowährungen wie Bitcoin werden als dezentrale Alternative genannt, sehen jedoch zunehmende Regulierung und Einschränkungen bei der Anonymität. Physisches Gold und Silber werden als offline lagerbare und anonym nutzbare Wertspeicher außerhalb des digitalen Systems empfohlen, obwohl sie nicht offiziell als Zahlungsmittel gelten. Regionale und komplementäre Währungen werden als nützlich, aber in ihrer Reichweite begrenzt beschrieben. Digitale Privatsysteme wie GNU Taler werden als vielversprechend für datenschutzfreundliche Zahlungen angesehen, aber ihre breite Umsetzung sei unsicher. Die stärkste Alternative sehen die Autoren jedoch nicht materiell, sondern in „Bildung, Eigenverantwortung und dezentraler Vernetzung“, um informierte Entscheidungen treffen und eigene Wege gehen zu können.